Der Terroranschlag von Anis Amri in Berlin – Lebt der Auftraggeber?

Knapp fünf Jahre ist es schon her – der Weihnachtsmarkt-Anschlag auf den Berliner Breitscheidplatz, bei dem es einen rbb-Team gelungen ist, die mutmaßliche Identität eines potenziellen Auftraggebers aufzuklären. Das BKA hatte dabei einen Hinweis aber geheim gehalten.

Die Frage, wer Anis Amri den Auftrag zum Anschlag auf den Breitscheidplatz gegeben hat, ist immer noch ungeklärt. Schon der Bundesnachrichtendienst und das Bundeskriminalamt hatte früh genauere Hinweise auf einen Mann. Doch letztendlich gelang es dem Reporterteam des rbb, die Identität des Täters aufzuklären. Laut dem Team und ihrer Recherche handelt es sich um einen Mann mit dem zivilen Namen Ali Hazim Aziz. Dieser trägt den Kampfnamen Abu Bara´a al Iraqi und ist ein hoher Funktionär des Islamischen Staats. In einem exklusiven Interview mit dem rbb hat das Vorstandsmitglied der Patriotischen Union Kurdistan (PUK), Sadi Ahmed Pire, bereits die Identität und Funktion von Abu Bara´as in Bezug auf die IS-Terrorplanungen in Deutschland bestätigt.

Besteht immer noch eine Gefahr?

Politiker Sadi Ahmed Pire betont weiterhin, dass der Terrorist bis heute von irakischen Sicherheitsbehörden als gefährlich eingeschätzt wird. „Terroristen wie er haben keine Chance für ein normales Leben im Irak in ihren Dörfern, in ihren Provinzen. Das Einzige was ihnen übrig bleibt, ist das Land zu verlassen“, so Pire. Im Umkehrschluss heißt das aber, dass solche Leute bis heute auch eine Gefahr für Europa darstellen.

Woher kommen die Details der Ermittlungen?

Iraks Behörden haben offenbar selbst keine Details und Informationen über die konkrete Planung des Anschlags. Doch die neu gewonnenen Erkenntnisse passen exakt zu den Informationen, die der BND vor fünf Jahren durch eine geheime Quelle bekam. Diese Quelle hatte Aziz als Auftraggeber des Anschlags benannt.

Das Problem: Obwohl die Quelle Details über Abu Bara´a nannte, verfolgten weder BND noch BKA die Spur konsequent. Laut den gegebenen Informationen handelt es sich bei Abu Bara´a um einen etwa 45 Jahre alten Mann aus der Al-Ramadi-Region. Mit bürgerlichem Namen hieße er Ali Hazim Aziz.

Am Morgen des 31. Dezember 2016 hat ein in Abu Dhabi ansässiger Agent des BND diese Information bestätigt und nach Deutschland geschickt. Im Schreiben verifizierte der Agent, dass Abu Bara´a al Iraqi den Auftrag erteilt habe und ein hochrangiger IS-Kommandant sei. Dabei wies der Agent daraufhin, dass diese Informationen aus einer „ausgesprochen zuverlässigen Nachrichtendienstlichen Verbindung“ stammen.

Zuordnung der Person ist nicht möglich

In den Wochen der Ermittlungen waren die Beamten des BKA und BND nahezu ahnungslos. Die gegebenen Hinweise durch geheime Quelle und Agenten im Außendienst werden zwar als „ausgesprochen zuverlässig“ eingeschätzt, doch „aufgrund der Mehrfachtreffer und der Namenshäufigkeit“ soll eine Zuordnung der Person Abu Bara`a al Iraqi nicht möglich gewesen sein.

Verheimlichen deutsche Behörden Ermittlungsspuren?

Abu Bara`a hatte seine Finger aber nicht nur bei dem Anschlag in Berlin im Spiel. Auch die Anschläge im Beiruter Viertel Bourj el Barajneh im November 2015 könnten auf ihn zurückzuführen sein. Im April 2017 verständigten sich deutsche Sicherheitsbehörden darauf, dass den Hinweisen der BND und BKA weiter nachgegangen werden müsse.

Doch die Sicherheitsbehörden bekamen schnell Kritik. Der Bundestags-Untersuchungsausschuss beleuchtete Fehler der Behörden. In der 80. Sitzung am 13. Februar 2020 fragten Abgeordnete der FDP und der Grünen nach dem geheimen Hinweis aus Abu Dhabi. Der zuständige BND-Sprecher zeigte sich angespannt und spielte die Nachricht des eigenen Agenten herunter. Laut dem Sprecher sei die Information des Agenten „nicht wertig“ und „zu banal“. Daraufhin wollten die Abgeordneten wissen, ob die Spur ernsthaft verfolgt wurde. Auf diese Frage antwortete der BKA-Beamte im Ausschuss nur mit: „Ist korrekt.“                                                                                                                         Jetzt stellt sich die Frage nach der öffentlichen Sicherheit. Ist diese wirklich unter diesen Umständen gegeben, oder können wir bereits heute auf den nächsten Anschlag warten?