Unter dem #allesdichtmachen kommentierten 50 deutsche Schauspieler*innen und ein deutscher Regisseur die Corona-Politik der Bundesregierung. Eigentlich sollte die Videoaktion humorvoll gestaltet werden, doch die Reaktionen der rund 4,9 Millionen Zuschauer*innen waren eher bescheiden und warfen den Schauspieler*innen vor allem Zynismus und Arroganz vor. Laut neuen Medienberichten handelt es sich hierbei allerdings nicht nur um eine kleine unschuldige Aktion, die sich über Corona-Opfer lächerlich macht, sondern um eine äußerst durchdachte Kampagne, die auch zu Querdenkern führt.
Jan-Josef Liefers, Wotan Wilke Möhring oder Nina Proll: sie alle traten in dem Video zu #allesdichtmachen auf und gaben ihre rund ein-minütige Botschaft preis. Der Berliner Regisseur Dietrich Brüggemann versucht zu erklären, dass die Clips „Parodien auf die Art der Kommunikation der Bundesregierung“ seien. „Ich entschuldige mich nicht“, bestätigt er. Brüggemann beschreibt die Kritik gegen die Videoaktion als einen „faschistoiden Shitstorm“. Auch Schauspiel-Kolleg*innen distanzierten sich öffentliche von den Clips, wie Nora Tschirner oder Christian Ulmen. Der Gesundheitsminister Jens Spahn traf sich sogar mit Tatort-Star Jan-Josef Liefers zu einem Gespräch, wo er versicherte: „Die Videos sind professionell gemacht. Ich verstehe aber, wenn manche sie zynisch finden; dass es zum Beispiel für Angehörige beatmeter Patienten verletzend ist, wenn da ein Schauspieler durch Atmen in die Tüten scheinbar ein Beatmungsgerät imitiert.“ Spahn erklärt weiterhin selbstkritisch: „Es ist ja nicht so, dass ich alles, was wir machen, für perfekt halte. Was mich allerdings wirklich stört, ist die vielfach behauptete These, wir hätten in unserem Land gleichgeschaltete Medien, die nur die Regierung beklatschen.“ Bestätigung für die „Kunstaktion“ gab es vor allem von der AfD und seitens der Querdenker.
Auf der Website befindet sich eine „moderate Version“ des Videos, so der Tagesspiegel. Auch ein Statement wurde dazu geposted, welches sich nicht versucht zu entschuldigen, sondern welches eher zurückrudert und sich verbittet mit „Rechten, Verschwörungstheoretikern und Reichsbürgern“ in einen Topf geschmissen zu werden. Betont wird, dass die Videoaktion für die, „die verstummt sind“ sprechen will, für die „Verängstigten, Verunsicherten und Eingeschüchterten“. Der Tagesspiegel betont allerdings, dass sich sehr wohl die meisten trauen die derzeitigen Corona-Maßnahmen der Regierung zu kritisieren und, dass Brüggemanns Aktion keinesfalls Stimmen an die gibt, die nicht gehört werden können. Die breite gesellschaftliche Kritik der Clips ist vor allem in der verwendeten Ironie und dem Sarkasmus zu verorten, wie der Spiegel analysiert.
Mittlerweile haben sich einige der beteiligten Schauspieler*innen von ihren Clips distanziert und aus dem Netz genommen. Auch der 56-Jährige Jan-Josef Liefers erklärte jetzt, dass er bei einer Gegenaktion mitmachen will, die von einer Ärztin ins Leben gerufen wurde. Die Ärztin fordert unter dem #allemalneschichtmachen, dass die am Video Beteiligten eine Schicht in der Intensivstation oder im Rettungsdienst mitmachen. Liefers blickt mit einem selbstkritischen Ansatz auf die Videoaktion von ihm und seinen Kolleg*innen, aber verteidigt sie dennoch: „Natürlich sind die Videos in ihrer Verkürzung undifferenziert. Und damit natürlich auch zum Teil ungerecht. Das ist aber in diesen kurzen Clips und auf der Ebene von Satire gar nicht anders möglich.“ Jan-Josef Liefers trat außerdem in der Talkshow „3 nach 9“ auf, in welcher klar wurde, dass auch er einer der leitenden Köpfe hinter der Aktion war. In der Show kritisierte er außerdem die „Intransparenz“ der Corona-Politik der Bundesregierung.
Der Filmproduzent Bernd Katzmarczyk ist laut der Website für #allesdichtmachen als Geschäftsführer verantwortlich. Der Filmproduzent, der sich auch Bernd Wunder nennt, fiel laut Angaben des Tagesspiegels bereits letztes Jahr wegen einigen Querdenker-Sprüchen auf. Er betitelte Befürworter der Corona-Reglungen als „Coronanazis“ und sprach von einer „Panikmache“. Wer genau alles Autor*innen für die Aktion war, wird allerdings nicht öffentlich gemacht – und warum nicht, bleibt auch erst einmal ohne Antwort. Vielen Beteiligten war das Ausmaß, welches die Aktion annehmen würde nicht bewusst, doch auch das rechtfertigt es nicht, Menschen, die an einem Virus gestorben sind, ins Lächerliche zu ziehen.
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