Schutzmasken im Test

Wissenschaftler aus Marburg haben medizinische und Alltagsmasken getestet. Das Ergebnis: Medizinische Masken schützen nicht nur die Umgebung, sondern auch den Träger. Baumwollmasken hingegen bieten einen deutlich geringeren Schutz.

Was zunächst ein Versuch war den Eigenbedarf aufzustocken, entwickelte sich zu einer wissenschaftlichen Studie des Universitätsklinikum Marburg. Anfang des Jahres, zu Beginn der Corona-Pandemie, hatte das Klinikum, wie zahlreiche andere medizinische Einrichtungen, mit einer Maskenknappheit zu kämpfen. Berichte gingen durch die Medien, dass Patienten in den Notaufnahmen und Behandlungszimmer medizinische Ausrüstung, wie Handschuhe, Desinfektionsmittel und Masken stahlen, um sich im Eigenheim gegen die Corona-Pandemie zu wappnen. Wenn überhaupt Masken auf dem Markt verfügbar waren, auf die die medizinischen Einrichtungen Zugriff gehabt hatten, dann solche ohne jede Zertifizierung, zu hohen Preisen und von bislang unbekannten Herstellern. Um die Eignung dieser Masken zu erproben, begann Professor Frank Günther in Marburg mit seinem Team Tests durchzuführen. „Wir konnten damals gar nicht einschätzen, ob diese Masken aus China überhaupt geeignet waren, uns und unsere Patienten zu schützen“, erklärte Günther und fügte hinzu: „Wir haben schnell festgestellt, dass es erhebliche Unterschiede gibt.“ Zusätzlich zu den unbekannten medizinischen Masken wurden auch Alltagsmasken getestet. Die Masken werden zumeist aus Baumwollstoffen hergestellt und von Bekleidungsherstellern angeboten. Aus ein paar Tests entwickelte sich im Laufe der Monate eine wissenschaftliche Studie, deren Ergebnisse nun in einer Fachzeitschrift publiziert werden sollen.

Was das Testverfahren von Professor Günthers Team von anderen unterscheidet, sei die Praxisnähe. Der Versuchsaufbau im Klinikum Marburg berücksichtige nicht nur das Material, sondern auch den Sitz der Maske. „In den bei der Zulassung erforderlichen Prüfungen für medizinischen Mund-Nasen-Schutz wird allein das Material getestet“, so Christian Sterr, angehender Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin. „Wie die Maske sitzt und ob es eine Leckage gibt, durch die Luft am Rand vorbei strömen kann, spielt dabei keine Rolle.“

Entscheidend für einen guten Mund-Nasen-Schutz wäre aber nicht nur das Material, sondern auch die Anpassungsfähigkeit an diverse Kopfformen. Deshalb wurde in Marburg ein Kopfmodell in die Tests miteinbezogen. Es beruhte auf Daten amerikanischer Forscher, die tausende Köpfe vermessen und daraus Durchschnittwerte ermittelt hatten. Diese Werte wurden an einen 3D-Drucker weitergeleitet, der daraus ein Modell gedruckt hat. Dem Kopf konnte dann jeder beliebige Mund-Nasen-Schutz aufgesetzt werden. Er wurde dann in einen Plexiglaskasten geschlossen, in den mit einem Schlauch kleinste Partikel eingeführt und mit einem Ventilator gleichmäßig verteilt wurden. Durch den Mund wurde dann Luft eingesaugt und mittels Laserspektrometer gemessen, wie viele Partikel und in welcher Größe durch die Maske hindurchkamen.

Die Forschung zeigte, dass der medizinische Mund-Nasen-Schutz, wie er beispielsweise im OP verwendet wird, einen sehr guten Schutz bietet. Er kann sich gut an die Kopfform anpassen, wodurch nur wenige Lecks entstehen. Viele andere getestete Masken waren starr und saßen schlecht, mit einer Filterleistung von teilweise nur 20 Prozent. Und dass, obwohl sie angeblich dem chinesischen Standard KN95 entsprachen, was mit dem europäischen Standard FFP2 vergleichbar ist. Diese Masken sind also für den Einsatz im Krankenhaus unbrauchbar. „Wir haben festgestellt, dass da einfach irgendwelche Normangaben aufgedruckt waren, die mit der Realität nichts zu tun hatten“, teilte Günther mit.

Weiterhin wurde festgestellt, dass die Maske nicht nur das Gegenüber, sondern auch den Träger selbst schützen. Für das Team war das schon vorher selbstverständlich „und es hat mich überrascht, dass in der Öffentlichkeit zunächst ein anderer Eindruck erweckt wurde. Wir haben nicht genug Masken, um die ganze Bevölkerung damit auszustatten. Man kann aber nicht erzählen, die seien sowieso nur für den Fremdschutz da, und Monate später sagen, es bringt jetzt doch etwas für mich. Mich hat es schockiert, dass das auch in Fachkreisen so dargestellt wurde. Da geht Glaubwürdigkeit verloren“, sagte Günther.

Mit diesem Wissen im Hinterkopf tragen zukünftig vielleicht auch noch die letzten Gegner eine Maske. Wenn nicht zum Schutz des Umfeldes, dann zum eigenen Schutz. Und indem man sich selbst vor einer Infektion schützt, schützt man indirekt auch seine Mitmenschen. Die Infektionskette zu unterbrechen ist immer noch das oberste Gebot. Allerdings fällt es den Menschen schwer, sich an die Abstandsregelungen zu halten. Je mehr Zeit vergeht, desto schwieriger wird es auf Handschläge, Wangenküsse oder Umarmungen zu verzichten. „Wir können nicht ewig auf Distanz gehen“, erklärte Christian Stegbauer, Professor am Institut für Soziologie der Goethe Universität.