Wem soll die neue Rentenbesteuerung helfen?

Die Besteuerung der Rente soll schon seit längerer Zeit neu geregelt werden – nun schreitet die Regierung zur Tat. Dabei zeigt eine Studie wie viele Rentner künftig sparen könnten. Das eigentliche Problem der gesetzlichen Rente löst die neue Regelung allerdings immer noch nicht.

Egal ob Aktienrente, Bürgerversicherung oder zusätzliche private Vorsorge: Die Rentenpolitik galt in den Koalitionsverhandlungen der neuen Bundesregierung weiterhin als ein Knackpunkt. Laut den Plänen der Ampel-Partner soll es neben Ideen zur Lösung der Finanzierungsprobleme der gesetzlichen Rentenversicherung auch erstmals um die Besteuerung gehen.

Die Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung sollen bereits ab 2023, also zwei Jahre früher als vorgesehen, als Sonderausgaben zu 100 Prozent von der Steuer absetzbar sein. Darüber hinaus wird der steuerpflichtige Rentenanteil künftig nur noch um einen halben Prozentpunkt steigen. So wird eine Vollbesteuerung erst 2060 erreicht. Wann die neuen Regelungen eintreten sollen ist noch unklar, der Bundesfinanzhof (BFH) fordert diese aber schon im Mai. Durch die Maßnahmen soll eine doppelte Rentenbesteuerung vermieden werden.

Seit 2005 steuerpflichtig

Vor einigen Jahren waren es ein ehemaliger Steuerberater und ein früherer Zahnarzt, die gegen eine doppelte Besteuerung ihrer Altersbezüge vorgegangen sind. Zwar wies der BFH ihre Klage ab, mahnte aber trotzdem Änderungen am System ab. Hintergrund der Klage war ein Systemwechsel bezüglich der Besteuerung der gesetzlichen Rente im Jahr 2005. Bis zu diesem Zeitpunkt waren sie nämlich steuerfrei, die Beiträge wurden aber aus dem versteuerten Lohn gezahlt. Seitdem gilt die „nachgelagerte Besteuerung“ – Rentner müssen also ihr monatliches Geld versteuern. Nach Einschätzung des deutschen Finanzgerichts sind spätere Rentenjahrgänge eher von der Doppelbesteuerung betroffen. In naher Zukunft möchte sich das Bundesverfassungsgericht mit der Rentenbesteuerung beschäftigen bevor ein „verfassungswidriger Zustand“ eintritt, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“.

Darf es eine Doppelbesteuerung geben?

„Eine nachgelagerte Besteuerung setzt allerdings voraus, dass die Einzahlungen steuerfrei gestellt sind, sodass die Rente hinterher voll besteuert werden kann und es keine Doppelbesteuerung gibt“, erklärt Martin Werding, Professor für Sozialpolitik und öffentliche Finanzen an der Ruhr-Universität in Bochum. Bis 2040 war ursprünglich eine Übergangsfrist geplant, weil die Umstellung erst greife, wenn jemand sein komplettes Erwerbsleben lang die Beiträge von der Steuer absetzen könnte. Schon damals hatte es ausgiebige Kritik am zweistufigen Übergang gegeben. Der Bundesfinanzhof habe mit seinem Urteil klargemacht, dass es in keinem Fall eine Doppelbesteuerung geben dürfte – das sei aber noch nicht gewährleistet. „Jemand, der beispielsweise zu Beginn seines Erwerbslebens zehn Jahre lang in die Rentenversicherung eingezahlt hat und hohe Anteile dieser Beiträge aus bereits versteuertem Einkommen zahlen musste, der bekommt 30 bis 40 Jahre eine gesetzliche Rente, die wiederum mit einem relativ hohen Prozentsatz steuerpflichtig ist. Das passt nicht zusammen“, so Experte Werding.

Steuerentlastungen

Noch immer gibt es keinen Gesetzesentwurf zur Änderung des Alterseinkünftegesetzes . Eine Berechnung in der Fallstudie des Rentenexperten Werner Siepe für das Informationsportal ihre-vorsorge.de soll zeigen, welche finanziellen Konsequenzen die Änderungen hätten. Dabei errechnete er die Folgen für „Standardrentner“ (Durchschnittsverdiener, monatlich rund 3240 Euro brutto) und „Höchstrentner“ (Top-Verdiener, monatlich etwa 7050 Euro brutto) von den Menschen der Jahrgänge 1960 bis 1990. Das Ergebnis war eindeutig: Ein Großteil der Rentner könnten finanziell entlastet werden. Die Änderungen hätten den größten Effekt für den Jahrgang 1975 mit Rentenbeginn 2040. Statt 100 Prozent wären ihre Erträge lediglich zu 91 Prozent steuerpflichtig. So beläuft sich die Entlastung bei „Standardrentnern“ für 20 Jahre auf 12.482 Euro, während für „Höchstrentner“ ein Steuervorteil von 23.522 Euro entstehen würden.

Das reale Problem ist aber ein anderes

„Generell wird die Zahl der doppelbesteuerten Fälle durch die Änderungen sinken und sich die Problematik damit entspannen“, so Werding. Doch das fundamentale Problem ist laut ihm ein anderes: „Sicherlich ist das ungleich größere Problem im Kontext Altersvorsorge die Bewältigung des demografischen Wandels im umlagefinanzierten Rentensystem.“ Dort sei es immer noch nicht zu einer Lösung gekommen.