500 Millionen nach Afghanistan, während häusliche Pflege bei uns unbezahlbar wird

Das Bundesarbeitsgericht hat kürzlich entschieden, dass ausländische Pflegekräfte, die in der 24-Stunden-Pflege rund um die Uhr in Deutschland  beschäftigt werden, auch für 24 Stunden am Tag bezahlt werden müssen. Das bedeutet für 71 Prozent derjenigen Pflegefälle, die am liebsten zu Hause gepflegt werden wollen, dass sie das dann nicht mehr bezahlen können und in unwürdige Pflegeheime abgeschoben werden. Denn bei einem Lohn für Vollzeit-Jobs rund um die Uhr würden rechnerisch 6.840 Euro Lohnkosten, plus Vermittlungskosten und medizinisches Material anfallen, Summa summarum also etwa 9.-10.000 Euro monatlich. Doch dafür hat der deutsche Staat kein Geld, zumindest um die Pflegekosten deutlich zu bezuschussen. Für die Probleme dieser Welt haben alle ein offenes Ohr, für die Belange unserer Pflegepatienten bleibt keine Lobby, die sich stark macht. Wie krank ist das denn?

Der Gesundheitsminister und auch der Arbeitsminister sind unseren Kranken in diesem Frühjahr richtig fies in den Rücken gefallen und haben sich dafür ausgesprochen, die Bezahlung für Pflegekräfte deutlich zu erhöhen, auch wenn dies so unbezahlbar und unzumutbar wird für die Menschen, die auf Pflege angewiesen sind. Unsere Pflegeversicherung deckt nur einen Teil der Kosten ab, den Rest muss der Einzelne selbst dazu steuern. Oder er kommt ins Pflegeheim, wo oft unwürdige Zustände herrschen, wo Menschen wie Nummern abgearbeitet und betreut werden, wo das Essen nicht schmeckt, wo man sich nicht heimisch fühlt und wo das Leben oft nur wie das Warten auf den Tod ist. Jeder, der die Wahl hat, ob er zu Hause oder im Heim betreut werden will, würde das eigene Heim vorziehen, allerdings muss dann oft permanent jemand da sein, um bei Bedarf helfend einzugreifen. Dass man bis heute in vielen Fällen ein stilles Agreement mit den Pflegekräften geschlossen hatte, und eine durchschnittliche Bezahlung zugrunde gelegt hat, das soll jetzt gekippt werden. Die bis zu 300.000 vom Urteil betroffenen Pflegebedürftigen werden nun Probleme bekommen, ihre Situation zu bewerkstelligen. Ein Jammer, der größer nicht sein kann und eine Schande für das, was an menschlicher Regung von den Verantwortlichen in der Politik zu erwarten ist.

Und wieder kann man feststellen, dass die Politik nicht so genau hinschaut. Dass niemand die genaue Zahl ausländischer Pfleger/innen kennt, ist Teil des Problems. Denn die häusliche Pflege zählt zu den dunklen Ecken, in die die Politik über Jahre nicht so genau geschaut hat. Hauptsache: Es lief irgendwie. Doch nun kommt mehr und mehr die Wahrheit ans Licht, dass es auch hier eine 2-Klassen-Gesellschaft gibt: Wer Geld hat, kann sich eine Vollbetreuung leisten, wer arm ist kommt ins Heim. Und im Heim, davon zeugen eine Menge TV-Dokus, teilweise mit versteckter Kamera aufgenommen, da geht es zu wie am Fließband. Arbeiten im Akkord, waschen, füttern, reinigen im Minuten-Takt, ohne persönliche Ansprache, ohne Empathie und Mitgefühl. Menschen 2. Klasse sind die Patienten/innen, die sich noch nicht einmal wehren können, weil niemand sie hört. Wir sprechen hier von 300.000 Menschen und mehr. Es wird Zeit, dass nach der Wahl endlich neue Prioritäten gesetzt werden, dass die Strukturprobleme im eigenen Land und die Ängste, Sorgen und Bedürfnisse der deutschen Bevölkerung an oberster Stelle stehen, bevor man wieder mal hunderte Millionen ins Ausland pumpt.