Die Frage nach einem Atommüll-Endlager geht weiter

Das zunächst geplante Endlager in Gorleben fällt raus. Politische Widerstände und geologische Erkenntnisse sprachen gegen den Salzstock in Gorleben als Lager. Zukünftig soll die Suche nach einem Endlager für den hoch radioaktiven Atommüll nur noch rein wissenschaftlich verlaufen.

Ende 2022 soll das letzte Kernkraftwerk seinen Betrieb einstellen. Entscheidend für den Ausstieg war eine Neubewertung der Risiken. „Die nukleare Katastrophe im japanischen Fukushima machte deutlich, dass es unabsehbare Restrisiken gibt. Die von der Bundesregierung eingesetzte Ethikkommission „Sichere Energieversorgung“ kam zum Ergebnis, dass sich die Kernkraft durch risikoärmere Technologien ökologisch, wirtschaftlich und sozial verträglich ersetzen lässt“, heißt es auf der Webseite der Bundesregierung. Allerdings ist mit dem Atomausstieg 2022 das Thema noch nicht beendet. Der durch die Kernkraftwerke entstandene radioaktive Abfall bleibt und mit der Abschaltung des letzten Kraftwerkes fallen insgesamt 27.000 Kubikmeter radioaktiver Abfall an, der sicher eingelagert werden müsste, bis seine Strahlung auf ein Minimum reduziert ist. Allerdings dauert der Abbau radioaktiver Strahlungen Jahrhunderte. Ein Endlager für den Atommüll muss deshalb gefunden werden.

Die potentielle Lagerstätte muss mindestens 30 mal 30 mal 30 Meter groß, also 27.000 m3 sein, um den Abfall adäquat lagern zu können. In dem Lager werden jedoch lediglich 10 Prozent des gesamten deutschen Atommülls endgelagert. Aber diese 10 Prozent sind für rund 99 Prozent der Strahlung verantwortlich. Die Entscheidung, wo der restliche schwach- bis mittelradioaktive Müll – zumeist aus der Forschung und Medizin – verwahrt werden soll, wurde bereits geklärt. Ab 2027 kommt er im Schacht Konrad bei Salzgitter unter.

Bei der Suche nach einer geeigneten Lagerstätte fiel die Wahl unter anderem auf den Salzstock in Gorleben. Allerdings fand die Bundesgesellschaft für Entsorgung (BGE) heraus, dass das Deckgebirge im Salzstock nicht intakt und die Gewässerchemie ungünstig für die Lagerung des Atommülls seien. Hinzu kamen politische Widerstände, die sich in Blockaden und Besetzungen geäußert hatten. Gorleben kam somit nicht mehr in Frage, hieß es in einem am Montag veröffentlichten Zwischenbericht der BGE. Insgesamt gäbe es aber 90 Gebiete in Deutschland, die nach Erkenntnissen der BGE für die Endlagerung gute geologische Voraussetzungen haben. Sie verfügen über Wirtsgesteine wie Salz, Ton oder Kristallin wie etwa Granit. Das Lager soll 300 Meter unter der Erde entstehen und muss aus diesem Grund besonders stabil sein. Standorte mit Bergwerken, einem Erdbeben-Risiko, vulkanischer Aktivität und jungem Grundwasser sind deshalb ungeeignet. Aber auch andere Kriterien wie beispielsweise die Besiedlung an der Oberfläche spielen eine Rolle. In einer ersten Phase der Endlagersuche werden reine Daten ausgewertet. Fallen diese in ein bestimmtes Raster werden in einer zweiten Phase Bohrungen und Messungen vor Ort durchgeführt. An dieser Stelle werden weitere Regionen ausgeschlossen. Finden sich potentielle Gebiete für eine Endlagerung werden in einer dritten Phase Erkundungsbergwerke gebaut, um ganz genau zu überprüfen, welcher Standort ideal geeignet ist.

Bei der Diskussion um einen Standort in Deutschland kam auch Bayern in die engere Auswahl. Dort kommen vielerorts die gesuchten Wirtsgesteine vor, weshalb es als geeigneter Standort in Frage kommt. Allerdings kommt seitens der Bayern heftige Kritik. Die Staatsregierung war sich sicher, dass die Geologie nicht ausreiche, um den hoch radioaktiven Abfall über Jahrhunderte sicher einzulagern. Laut BGE seien auch Hindernisse aus Gestein und technischen Maßnahmen, wie etwa Betonbunker oder spezielle Container kein Ausschlusskriterium. Bayern sieht darin jedoch den Grundsatz der Endlagersuche als beschädigt. Hinzu kam auch, dass CSU und freie Wähler die Wahl als politisch motiviert angesehen haben und nicht als rein wissenschaftliche Entscheidung.

Deshalb soll das neue Verfahren zur Endlagersuche rein wissenschaftlich basiert sein und unvoreingenommen eine Entscheidung treffen. Alle Phasen werden von Bundesgesetzen begleitet, beginnend mit dem Standortauswahlgesetz von 2017, welches die Grundlage für die Arbeit der BGE bildet. Außerdem soll die Öffentlichkeit zu jedem Zeitpunkt der Suche informiert und eingebunden werden. Dafür wurde eine nationales Begleitgremium eingesetzt, das den Behörden über die Schulter guckt. Daten dürfen eingesehen werden, die noch nicht veröffentlicht wurden, es werden Fach- und Regionalkonferenzen veranstaltet, wo eine Überprüfung der bisherigen Ergebnisse gefordert werden kann. Neben dem Gremium wird die Arbeit der BGE auch vom Bundesamt für Sicherheit der Nuklearen Entsorgung (BASE) beaufsichtigt, die in regelmäßigen Abständen Zwischenbescheide erstellen. Klagen sind aber immer wieder möglich.

In den kommenden Monaten und Jahren werden die möglichen Standorte immer weiter eingegrenzt. Bis 2031 soll der exakte Standort für die unterirdische Deponie festgelegt werden. Ab 2050 soll das Lager dann befüllt werden und 2090 oder noch später verschlossen werden. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Debatte um einen Standort in den kommenden Jahren intensivieren wird, insbesondere in denjenigen Gebieten, die als potentielle Endlagerstandorte genauer untersucht werden.