Klimaschutzziele für 2020 wurden erreicht

Deutschland hat seine Klimaziele erreicht, aber ist das wirklich ein Grund zur Freude? Oder alles nur - Corona sei Dank!

Pandemie-bedingt konnte Deutschland seine CO2-Emissionen 2020 um 80 Millionen Tonnen verringern. Das übertrifft sogar die angestrebten Klimaziele. Klimapolitisch noch kein Grund sich zu entspannen, denn Experten rechnen mit einem Wiederanstieg der Treibhausgase, sobald sich die Wirtschaft wieder normalisiert.

Das eigentliche Klimaziel für das Kalenderjahr 2020 sah 40 Prozent weniger Emissionen als 1990 vor. Eine Analyse von „Agora Energiewende“, deren Ergebnisse der Deutschen Presse-Agentur vorliegen, zeigt, dass der Treibhausgasausstoß im vergangenen Jahr um 42,3 Prozent unter dem Wert von 1990 gelegen habe. Deutschland hat seine Klimaziele damit sogar übertroffen. Laut den Berechnungen sind die CO2-Emissionen um über 80 Millionen Tonnen auf rund 722 Millionen Tonnen zurückgegangen.

Laut Experten liegt das an der Corona-Pandemie und ihren wirtschaftlichen Auswirkungen. Zwei Drittel der CO2-Emissionsminderung seien eine Folge der Corona-Pandemie. Wenig überraschend, wenn ein Großteil der Bevölkerung während des Lockdowns Anfang letzten Jahres ins Homeoffice geschickt wurde und Flug-, Schiff- und Autoverkehr ausfallen. Dadurch wurde der Erdüberlastungstag um drei Wochen nach hinten verschoben. 2019 fiel er auf den 29 Juli, doch 2020 erst auf den 22. August. Ohne Corona hätte es nur einen Rückgang um etwa 25 Millionen Tonnen gegeben, wodurch die Minderung insgesamt nur 37,8 Prozent betragen hätte und das Klimaziel 2020 wäre nicht erreicht worden.

Bedingt durch die Pandemie ist auch der Energieverbrauch deutlich gesunken. Hinzu kamen laut Experten dann noch die relativ hohen CO2-Preise in der EU, die vor allem die Stromgewinnung aus der klimaschädlichen Kohle verteuert haben, niedrige Gaspreise und ein milder Winter. In diesem Fall sei von „echten Klimaschutzeffekten“ zu sprechen. Die hatte „es 2020 nur im Stromsektor gegeben, denn hier gehen die CO2-Minderungen auf den Ersatz von Kohle durch Gas und erneuerbare Energien zurück“, erklärte der Direktor von Agora Energiewende, Patrick Graichen und fügte hinzu: „Verkehr und Industrie werden wieder mehr Treibhausgase ausstoßen, sobald die Wirtschaft wieder anzieht.“ Für das neue Kalenderjahr rechne er wieder mit mehr Emissionen. „Nur durch schnelles klimapolitisches Handeln kann man dem entgegensteuern.“

Auch die Non-Profit-Organisation Global Footprint Network warnte vor der temporär-verbesserten Klimabilanz. Die Menschheit hat trotzdem bereits im August die Ressourcen des gesamten Jahres verbraucht, die die Erde selbst innerhalb eines Jahres produzieren kann. Jegliche Ressourcen, die jetzt noch benötigt werden, kann einer Analyse der Non-Profit-Organisation zufolge nicht bis zum Jahresende nachwachsen. Die Menschheit sei noch weit von den erforderlichen Änderungen entfernt, um das ökologische Ideal zu erreichen. Bislang werden immer noch 1,6 Erden benötigt, um dem aktuellen Lebensstil gerecht zu werden. Die Maßnahmen zur Eindämmung haben zwar den Ressourcenverbrauch gesenkt, allerdings darf der verbesserte CO2-Abdruck „nicht mit Fortschritt verwechselt werden“, warnte Laurel Hanscom von Global Footprint Network. Sobald die Maßnahmen gelockert würden und die sich Wirtschaft wieder normalisiert, würden auch die Emission wieder ansteigen und die Umweltbilanz schlechter werden.

Hinzu kommt, dass die Pandemie eines der größten Umweltprobleme weiter geschürt hat: Den Plastikmüll. Was zunächst die Plastiktüte aus dem Supermarkt oder der To-Go-Becher war, ist nun der Mund-Nasen-Schutz. Die Kunstfaserprodukte sammeln sich an den Straßenrändern und landen so in der Natur. Auch wenn die Deutsche Gesellschaft für Abfallwirtschaft Corona-bedingt und auf das ganze Jahr gesehen mit weniger Gewerbeabfällen rechnet, so ist doch das Müllaufkommen in den Privathaushalten seit dem Lockdown extrem angestiegen. Fünf Prozent mehr, das entspricht 2,26 Millionen Tonnen mehr privatem Müll als es 2017 der Fall war. Schuld ist unter anderem der vermehrte Verpackungsmüll. Das Problem dabei: Nur rund 16 Prozent aller Kunststoffe aus deutschen Haushalten werden recycelt.

Um die globale Verschwendung von Ressourcen zu stoppen, soll die Kreislaufwirtschaft als Lösung genutzt werden. Im Prinzip sollen Materialien und Stoffe so oft wie möglich wiederverwendet werden. Damit werden Abfälle vermieden und verbaute Rohstoffe können recycelt werden. Auch das neue Klimaschutzgesetz setzt erstmals verbindliche CO2-Budgets für bestimmte Bereiche fest. „Wir werden jedes Jahr überprüfen, ob wir auf dem beschlossenen Pfad sind und bei Bedarf nachsteuern“, so die Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Aber es reicht nicht nur, Regeln und Gesetze für Hersteller zu erlassen. Auch die Verbraucher müssen eingebunden werden. „Man kann nicht immer nur verbieten, sondern muss auch Anreize schaffen, zum Beispiel in Form von einem Pfand“, sagt Thomas Schomerus vom Institut für Nachhaltigkeitssteuerung an der Leuphana Universität Lüneburg. Außerdem sollten die Produkte im Hinblick auf ihre Nachhaltigkeit stärker gelabelt werden, um die Wertschätzung und das Bewusstsein der Verbraucher für die Ressourcen und Materialien zu stärken.