Das RKI hat einen detaillierten Plan veröffentlicht, wann man die Corona-Maßnahmen nach und nach lockern kann und unter welchen Bedingungen sie wieder verschärft werden sollten. Der Vier-Stufen-Plan soll langsam wieder zur Normalität zurückführen.
Nach knapp vier Monaten im Lockdown wird dem Frühling euphorischer denn je entgegengesehen. Das Ende des Lockdowns wird sehnsüchtig erwartet. Doch Geschäfte, Restaurants, Museen und Co. können nicht einfach wieder ihre Türen öffnen. Angesichts der aktuellen Debatte um mögliche Lockerungen der Corona-Regelungen in Deutschland hat das Robert Koch Institut (RKI) einen Leitfaden zur Einführung von Stufen-Konzepten zum Ausstieg aus dem Lockdown veröffentlicht. Das Papier wird „ControlCOVID“ genannt und soll der Politik eine Orientierungshilfe bieten, wann die Corona-Auflagen gelockert werden können oder aber auch wieder verschärft werden müssen. Der zwölfseitige Plan solle „als Hilfestellung verstanden werden, welche die Entwicklung von Stufenplänen für den Einsatz bevölkerungsbezogener antiepidemischer Maßnahmen möglichst evidenzbasiert unterstützt“. Doch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) warnt: „Ich empfehle uns allen größtmögliche Umsicht und Vorsicht“, so der CDU-Politiker am vergangenen Freitag.
Ziel des Stufenmodells sei es, „die Zahl der schweren Erkrankungen, Langzeitfolgen und Todesfälle durch Covid-19 zu minimieren und eine Überbelastung des Gesundheitssystems nachhaltig zu vermeiden“, hieß es zu Beginn des Papiers. Das RKI gab zudem bekannt, dass Maßnahmen gegen das Coronavirus weiterhin vonnöten sind, bis eine flächendeckende Immunität in der Bevölkerung erreicht ist. Dafür muss die Anzahl an Neuinfektionen weiter reduziert werden, die „diffuse Zirkulation“ des Virus in der Bevölkerung unterbrochen und ein Wiederanstieg der Fallzahlen vermieden werden. Zudem bedarf es einer effektiven Testung und Kontaktpersonennachverfolgung, umfassenden Impfungen und dem besonderen Schutz gefährdeter Personen. „Minimierung ungewollter Folgen für die Gesellschaft“ heißt es in ControlCOVID. Das RKI betonte weiterhin, dass sämtliche Maßnahmen zur Lockerung der Corona-Regelungen kontinuierlich auf ihre Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit überprüft werden müssen.
Die Wissenschaftler des RKI haben Studien und Forschungsergebnisse zusammengetragen und auf Basis dessen die Empfehlungen erarbeitet. Die vier Stufen des Modells sind zwar an Voraussetzungen geknüpft, nicht jedoch an die Höhe des Inzidenzwerts, wie es bislang der Fall war. Das Modell unterscheidet sich vom bisherigen Vorgehen zur Eindämmung der Pandemie, weshalb Landespolitiker bei der Lockerung oder Verschärfung umdenken müssen. Bislang verlangte die Bundesregierung eine landesweite Inzidenz von maximal 35 für die Entscheidung zu Lockerungen. Die Inzidenz als einziger Indikator für ein Infektionsgeschehen reicht dem RKI zufolge aber nicht aus. Laut dem Papier müssen drei weitere Indikatoren beachtet werden, um das Infektionsgeschehen lokal einschätzen zu können: der Anteil intensivmedizinisch behandelter Corona-Fälle an der Gesamtzahl der betreibbaren Intensivbetten, die wöchentliche Inzidenz hospitalisierter Fälle unter den über 60-Jährigen sowie der Anteil der Kontaktpersonen, die nachverfolgt werden können.
Zu beachten seien auch die unterschiedlichen Empfehlungen zwischen Ländern und Kommunen. Bei einer Eskalation des Infektionsgeschehens sollten Verantwortliche in den Kommunen vor allem auf die Sieben-Tage-Inzidenz achten. Bei einer Deeskalation hingegen sollte die Belegung der Intensivstationen maßgeblich als Orientierung dienen. Auf Länderebene sollten die Maßnahmen erst gelockert werden, wenn ein „überwiegender Anteil“ der Kommunen Zahlen aufweist, die für eine Deeskalation sprechen würden.
Das RKI verfolgt mit seinem Vier-Stufen-Modell ambitionierte Ziele. So soll etwa eine Sieben-Tage-Inzidenz von zehn und ein Anteil von Corona-Intensivpatienten an der Intensiv-Betten-Kapazität von weniger als drei Prozent für die Basisstufe der „ControlCOVID“-Strategie erreicht werden. Nur so könne die Kontaktpersonen-Nachverfolgung, das Ausbruchsmanagement und eine Entlastung der Intensivstationen gesichert werden, erklärte das RKI.
Derzeit (Stand 08.03.2021) liegt der bundesweite Inzidenz-Wert laut RKI bei 68. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) möchte die Wiedereröffnung behutsam angehen. Merkel gab gegenüber der Nachrichtenagentur dpa an, dass die Tatsache, dass es eine dritte Corona-Welle gebe, nicht wegdefiniert werden könne. Es gebe laut Merkel drei Stränge, bei denen man nach und nach wieder öffnen wolle. Ein möglicher Öffnungsstrang seien die persönlichen Kontaktbeschränkungen sowie Bildung und Wirtschaft.
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