Corona-Krise wirkt sich auf den Ausbildungsmarkt im Handwerk aus

Vergangenes Jahr wurden deutlich weniger Ausbildungsverträge abgeschlossen als im Jahr 2019. Schuld sei unter anderem die Corona-Krise. Sie könnte den Fachkräftemangel vor allem im Handwerk verschärfen. Tausende von Ausbildungsstellen seien immer noch nicht belegt. Diese Fachkräfte fehlen in drei Jahren auf dem Arbeitsmarkt.

Die Handwerksbranche warnt vor den fatalen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Ausbildungssituation. Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer teilte der Deutschen Presseagentur gegenüber mit, das Handwerk liege bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen um rund 10.000 unter dem vergangenen Jahr. Das sind viele Fachkräfte, die in den kommenden Jahren auf dem Arbeitsmarkt fehlen werden. „Wir sehen das wirklich mit Sorgen. Denn die Jugendlichen, die heute nicht mehr ausgebildet werden, die fehlen uns in drei Jahren als Fachkräfte. Das wird, wenn wir nicht gegensteuern, dann den Fachkräftemangel gerade bei uns im Handwerk weiter verstärken.“

Laut Wollseifer hätten sich die Ausbildungsstätten zwar nicht von den Pandemie-Schwierigkeiten, Einschränkungen und Umsatzeinbrüchen entmutigen lassen, doch seien trotz alledem immer noch 14.000 Ausbildungsstellen im Handwerk frei. „Vielleicht nicht direkt vor der Haustür, vielleicht im Wunschberuf nicht vor Ort. Aber jeder Jugendliche kann noch einen Ausbildungsplatz in dem Beruf bekommen, den er sich vorstellt, wenn er ausbildungswillig und ausbildungsfähig ist“, so Wollseifer.

Der Rückgang von Auszubildenden im vergangenen Jahr lässt sich unter anderem auf den Corona-bedingten Ausfall von Ausbildungs- und Jobmessen zurückführen. Allerdings konnte das Handwerk seit dem Frühjahr wieder aufholen. Während im Mai 2020 das Minus bei der Zahl der Ausbildungsverträge noch bei 18 Prozent gelegen hatte, so lag es Ende November nur noch bei 7,1 Prozent. Die Sorge bleibt jedoch, dass auch in diesem Jahr weniger Ausbildungsverträge geschlossen werden. „Mit Sorge schauen wir auch auf das nächste Jahr, weil wir mitbekommen, dass viele Jugendliche sehr verunsichert sind und denken: Ja, wenn es der Wirtschaft nicht so gut geht, habe ich dann dort überhaupt auf Dauer eine Chance?“, sagte der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks. Diesen Bedenken stellt er sich jedoch überzeugend entgegen: „Das Handwerk ist krisensicher. Selbst in der jetzigen Situation erweist sich das Handwerk als stabiler als andere Wirtschaftsbereiche, bei denen die Umsatzeinbrüche noch deutlicher sind.“

Handwerkerinnen und Handwerker werden auch in Zukunft immer gebraucht, „egal ob das jetzt im Energiebereich ist, im Klimaschutz oder bei der Gebäudesteuerung. Neue Berufsabschlussbezeichnungen machen darüber hinaus klar, dass handwerkliche Qualifikationen anspruchsvoll sind und auf einem Level mit akademischen Graden liegen. Das stärkt das Image des Handwerks.“ Und das Image und die Attraktivität eines Berufes spielen für junge Menschen eine wichtige Rolle. Deshalb gilt es die Berufe attraktiver zu machen. Wollseifer sprach sich aus diesem Grund für eine Förderung der Betriebe und Azubis aus. „Warum werden bei den Sozialversicherungen Auszubildende nicht so behandelt wie Studenten? Azubis sollen bei der Krankenversicherung bis zum 25. Lebensjahr über das Ticket der Eltern mitversichert werden. Das brächte den Betrieben, aber vor allem auch den Auszubildenden eine wesentliche Entlastung. Und wenn die Gewerkschaften dagegen sind, leuchtet mir das überhaupt nicht ein, denn dadurch hätten die Betriebe und Azubis mehr Geld in der Tasche.“

Viele junge Menschen entscheiden sich deshalb immer öfter für eine akademische Laufbahn. Das Grundstudium dauert genauso lange wie eine Ausbildung und die Studierenden bekommen währenddessen Steuervergünstigungen und im Anschluss eine bessere Vergütung als ein ausgelernter Geselle. Es ist kein Geheimnis, dass die Anzahl an Studierenden in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen hat. Laut einer Umfrage des statistischen Bundesamtes am Anfang der Jahrhundertwende war die Anzahl mit 1,7 Millionen Auszubildenden und 1,9 Millionen Studierenden noch halbwegs ausgeglichen. Knapp 20 Jahre später gibt es bundesweit fast 3 Millionen immatrikulierte Studierende, aber nur noch rund 1,3 Millionen Auszubildende. Doch die Ausbildungsplätze, die jetzt nicht besetzt werden, werden in drei Jahren auf dem Arbeitsmarkt fehlen. Deshalb ist es umso wichtiger Ausbildungsplätze zu sichern und attraktiver zu machen.

Auch die Bundesregierung blickt mit Sorge auf den Fachkräftemangel und die rückläufigen Zahlen der Auszubildenden. Mit dem Programm „Ausbildungsplätze sichern“ weitet sie die Förderung von Ausbildungsplätzen aus. „Schon bisher werden kleine und mittlere Unternehmen, die von den Folgen der Corona-Pandemie besonders betroffen sind, mit Prämien gefördert, wenn sie Auszubildende im bisherigen oder größeren Umfang neu einstellen oder aus insolventen Betrieben übernehmen. Die Bundesregierung reagiert auf die weiterhin bestehende Corona-Krise und ihre umfangreichen Folgen und erleichtert die Fördervoraussetzungen für die Ausbildungsprämien nun deutlich. Übernahmeprämien und Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung werden bis Mitte 2021 verlängert“, hieß es in einer Pressemitteilung der Bundesregierung.