Große Hoffnung auf Joe Biden

Die Hoffnungen auf einen Neustart der transatlantischen Beziehungen unter Joe Biden sind groß. Der neue US-Präsident plant das auslaufende New-Start-Abkommen um fünf Jahr fortzusetzen und kommt damit Russland entgegen.

„Lasst uns neu anfangen“, rief beiden bei seiner Amtseinführung am 20. Januar 2021. Der 46. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika verlor damit auch keine Zeit. Selten hat eine neue US-Regierung einen so ambitionierten Start hingelegt. Kaum hatte er seinen Platz im Oval Office eingenommen, hatte er bereits wichtige politische Vorhaben per Dekret umgesetzt. Damit würde der neue Präsident der USA zugleich eine Reihe von politischen Entscheidungen seines Vorgängers Donald Trump rückgängig machen. Für die Durchsetzung der meisten Maßnahmen benötigt Biden keine Zustimmung des Kongresses. Also wartet er auch nicht, bis sich der neue Kongress einigt, sondern nutzt die Präsidialmacht der „Executive Orders“. Auch Trump hatte auf diese Weise mit zahlreichen „Executive Orders“ seine Politik durchgesetzt.

„Der designierte Präsident Biden übernimmt die Präsidentschaft in einem Moment der tiefgreifenden Krise für unsere Nation“, sagt Klain. 400.000 Amerikanerinnen und Amerikaner sind der Pandemie zum Opfer gefallen. Rund zehn Millionen Menschen haben im letzten Jahr ihren Job verloren. Während des Wahlkampfes hatte er versprochen, sofort Maßnahmen zu ergreifen, „um diese Krise anzugehen“. Daran hält er sich. „Wir haben keine Zeit zu verlieren“, sagt er zu den Reportern, die sich im Oval Office um ihn herum drängeln.

Die Situation zwischen den politischen Lagern der Demokraten und der Republikaner ist angespannt. Die Spaltung, die vier Jahre der Trump-Regierung verursacht haben, sind tief. Ein Großteil der Republikaner glaubt immer noch an den „gestohlenen Wahlsiegt“ und „Wahlbetrug“. Bereits vor Monaten hatte Trump angefangen Zweifel am amerikanischen Wahlsystem zu verbreiten. Nach seiner Niederlage wurde aus seinen Zweifeln ein konkreter Vorwurf der gestohlenen Wahl und des Wahlbetrugs.

Die Lösung der Krisen wird den neuen Präsidenten in den ersten Monaten seiner Amtszeit seine gesamte Energie kosten. „Die Kräfte, die uns spalten“, so Biden, „sind tief und echt“. Umso größer die Erleichterung unter den US-Bürgern, dass der Machtwechsel hoffentlich etwas von dem reparieren kann, was in den vergangenen vier Jahren gespalten wurde. Auch in Deutschland blickt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Zuversicht auf den Regierungswechsel. „Es gibt mit Biden einen viel breiteren Raum an Übereinstimmungen“, sagte Merkel am vergangenen Donnerstag. Die deutsch-amerikanischen Beziehungen waren in den letzten vier Jahren von Trumps unbeherrschter Regierungsweise überschattet worden. So sah der ehemalige US-Präsident in Deutschland keinen Partner, sondern einen Wettbewerber.

Doch mit Joe Biden herrscht ein neuer Ton im Weißen Haus. „Wir werden unsere Allianzen reparieren und uns wieder in der Welt engagieren“, erklärte Biden in seiner Antrittsrede und fügte hinzu: „Nicht um die Herausforderungen von gestern zu bewältigen, sondern die von heute und morgen.“ Geplant ist eine fünfjährige Verlängerung des in Kürze auslaufenden Abrüstungsvertrags New Start mit Russland. Eine Verlängerung ergebe „umso mehr Sinn, wenn die Beziehungen mit Russland feindlich wie derzeit sind“, sagte Bidens Sprecherin Jen Psaki am vergangenen Donnerstag. Die USA kommen Russland damit entgegen, denn auch der russische Staatschef, Wladimir Putin, will eine Verlängerung, die Trump aber abgelehnt hatte.

Allerdings machte Psaki zugleich klar, dass der neue Präsident in seiner Russland-Politik neben Verhandlungen auch auf Härte setzen will. Die neue US-Regierung wolle mit Moskau zusammenarbeiten, um die Anliegen der Vereinigten Staaten „voranzubringen“. Doch auf anderen Feldern will Washington juristisch gegen Moskau vorgehen. Russland solle für seine „rücksichtslose und feindseligen Handlungen zur Rechenschaft“ gezogen werden. Laut Bidens Sprecherin, plane die neue Geheimdienstkoordinatorin Avril Haines Ermittlungen gegen Russland zu dem Chemiewaffen-Anschlag auf den Kreml-Gegner Alexej Nawalny. Nawalny war kürzlich erst nach seiner monatelangen Behandlung in Deutschland nach Moskau zurückgekehrt und macht ein Killer-Kommando der russischen Regierung für den Mordversuch verantwortlich.

Weiterhin sollen laut Psaki auch Ermittlungen gegen Russland wegen der mutmaßlichen Einmischung in die amerikanische Wahl sowie den im Dezember aufgedeckten Cyberangriff auf die amerikanische Regierung eingeleitet werden. Die neue US-Regierung wolle auch Berichten nachgehen, wonach russische Geheimdienste Kopfgelder an Extremisten in Afghanistan für die Tötung von amerikanischen Soldaten gezahlt haben sollen. Darauf könnten bald neue Sanktionen gegen Verantwortliche in Russland folgen.