Großes Vertrauen der Amerikaner in Bidens Außenpolitik

Die transatlantischen Beziehungen zu einst engen Partnern der Vereinigten Staaten hatten stark unter dem ehemaligen US-Präsidenten Trump gelitten. Die Hoffnungen auf Joe Biden sind groß, dass er die alten Beziehungen wieder herstellen kann. Seiner Amtszeit wird zwar nicht so skeptisch entgegengesehen wie der von Donald Trump, allerdings auch nicht so euphorisch wie der von Barack Obama.

Rund einen Monat ist es her, dass Joe Biden als 46. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika vereidigt wurde. Vor rund einer Woche absolvierte er seine ersten Auftritte auf der weltpolitischen Bühne bei einem virtuellen G-7-Treffen und anschließend bei der Münchener Sicherheitskonferenz. Seine Botschaft: Amerika ist zurück und die Diplomatie ist auch zurück. Für Europa eine sehnsüchtig erwartete Nachricht. Aber Biden möchte das zerrüttete Verhältnis nach vier Jahren Trump nicht einfach nur reparieren. Es soll komplett neu ausgerichtet werden. „Gemeinsam“ müsse sichergestellt werden, dass das westliche Modell Demokratie kein Relikt der Vergangenheit, sondern ein Modell für die Zukunft ist.

Doch „gemeinsam“ bedeute für den neuen US-Präsidenten auch eine faire Lastenverteilung. Für Europa bedeutet dies mehr Verantwortung in der Welt. Die vergangenen vier Jahre „America First“ haben nicht nur außenpolitisch für Konfliktsituationen gesorgt. Die USA kämpfen mit der extremen Polarisierung der Gesellschaft, den Folgen der Corona-Pandemie und den Folgen des extremen Winters. Die Vereinigten Staaten werden in den kommenden vier Jahren deshalb stark mit sich selbst beschäftigt sein. Das bedeutet nicht, dass die Außenpolitik an Relevanz verliert. Doch alles, worum sich die USA in der Welt kümmern werden, müsse auch „arbeitenden amerikanischen Familien“ zugutekommen, wie Biden bei seiner ersten außenpolitischen Rede im US State Department angekündigt hatte.

Die Erwartungshaltungen der Amerikaner in den neuen Präsidenten sind groß. Das renommierte Washingtoner Umfrageinstitut Pew Research Center hat dazu in der ersten Februarwoche 2.596 Amerikanerinnen und Amerikaner befragt und untersucht, wie stark ihr Vertrauen in Joe Biden ist. Die Ergebnisse zeigen ein gemischtes Meinungsbild. Einerseits trauen die US-Bürger dem 46. Präsidenten einen deutlich verantwortungsvolleren Umgang mit dem Weltgeschehen zu als seinem Vorgänger Donald Trump vor vier Jahren. Allerdings bringen sie Biden weniger Euphorie entgegen wie einst Barack Obama, als dieser 2009 George W. Bush abgelöst hatte. 60 Prozent der Befragten geben an, Vertrauen in Joe Biden als neuen Amtsinhaber zu haben. Zum Vergleich: Bei Trump waren es lediglich 46 Prozent. Doch bei Barack Obama gaben rund 75 Prozent der Befragten an, ihm einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Weltgeschehen zuzutrauen.

Das zögerliche Vertrauen in Biden Außenpolitik lässt sich nicht zuletzt auch auf die starke Spaltung der US-amerikanischen Gesellschaft zurückführen. Die Ergebnisse der Pew-Umfrage zeigten, dass 88 Prozent der Demokraten und ihnen zuneigende Befragte eine hohe Meinung von Bidens außenpolitischen Fähigkeiten haben. Bei den Republikanern und ihnen nahestehenden Personen waren es lediglich 27 Prozent. Allerdings sei laut des Washingtoner Forschungsinstituts zu beachten, dass die Unterschiede zwischen den Meinungen beider politischen Lager deutliche hinter der Ära Trump zurückblieben. Bei Trumps Amtseintritt vor vier Jahren fiel die Spaltung sogar etwas größer aus. Damals hatten gerade einmal 16 Prozent der Demokraten Vertrauen in Trumps weltpolitische Fähigkeiten. Wohingegen 27 Prozent der Republikaner Biden für fähig halten.

In seiner ersten außenpolitischen Grundsatzrede hatte der US-Präsident neben China auch Russland zum Hauptkonkurrenten des Westens erklärt. „Der Kreml greift unserer Demokratien und Institutionen an“, sagte Biden während der Münchener Sicherheitskonkurrenz. Der russische Machthaber Wladimir Putin wolle die transatlantische Einheit untergraben. Die USA und Europa müssen „gemeinsam“ eine Strategie finden gegen das russische Hacken von Daten und den Versuch, die öffentliche Meinung zu beeinflussen, angehen. Auch gegenüber China kündigte Biden einen harten Kurs an. Es müsse im Handel und im Umgang mit Unternehmen klare Regeln geben.

Laut Biden sei die Partnerschaft der Vereinigten Staaten mit Europa der „Grundpfeiler“ der amerikanischen Außenpolitik. Er möchte ein neues Kapitel der westlichen Zusammenarbeit aufschlagen, mit Partner- statt Gegnerschaft.

Aber auch wenn die amerikanische Außenpolitik für Biden eine wichtige Rolle spielt, weiß er: Seine Regierung wird vor allem daran gemessen werden, wie er die innenpolitischen Krisen in den kommenden vier Jahren unter Kontrolle bekommt. Sollte er scheitern, steht Donald Trump schon in den Startlöchern, um das Steuer erneut zu übernehmen – was sich derzeit aber niemand so recht vorstellen kann.