Die Pandemie verbessert die Klimabilanz

Durch die Corona-Krise konnte die Umwelt aufatmen. Die Ökobilanz des Jahres 2020 ist besser denn je. Allerdings warnen Experten vor der positiven Klimabilanz, denn langfristig ist dadurch wenig gewonnen.

Seit Beginn der Corona-Krise wird global über die Folgen der Pandemie berichtet. Überlastete Gesundheitssysteme, Rezession, Arbeitslosigkeit und Isolation. Doch der Beginn des Lockdowns sorgte auch für einen weltweiten Rückgang der Emissionen um 4,6 Prozent. Einer aktuellen Studie zufolge ist das die stärkste Reduktion von Treibhausgasen in der Geschichte der Menschheit. Dies lässt sich auf den ausgefallenen Flug-, Schiff- und Autoverkehr, sowie einem geringeren Strom-, Heißwasser- und Gasverbrauch zurückführen. Die Bundesregierung hat dies zum Anlass genommen, um mit dem umfassenden Konjunkturpaket 2020/21 den Klimaschutz entscheidend voranzutreiben.

Auch der Erdüberlastungstag hat sich Corona-bedingt um drei Wochen nach hinten verschoben. 2019 war er schon am 29. Juli. Dieses Jahr erst am 22. August. Von einer Trendwende kann laut Umweltschützern aber nicht die Rede sein. Die Menschheit hat trotzdem bereits im August die Ressourcen des gesamten Jahres verbraucht, die die Erde selbst innerhalb eines Jahres produzieren kann. Jegliche Ressourcen, die jetzt noch benötigt werden, kann einer Analyse der Non-Profit-Organisation Global Footprint Network zufolge nicht bis zum Jahresende nachwachsen. Die Menschheit sei noch weit von den erforderlichen Änderungen entfernt, um das ökologische Ideal zu erreichen. Bislang werden immer noch 1,6 Erden benötigt, um dem aktuellen Lebensstil gerecht zu werden. Die Maßnahmen zur Eindämmung haben zwar den Ressourcenverbrauch um 10 Prozent gesenkt, allerdings darf der verbesserte CO2-Abdruck „nicht mit Fortschritt verwechselt werden“, warnte Laurel Hanscom von Global Footprint Network. Sobald die Maßnahmen gelockert würden, würden auch die Emission wieder ansteigen und die Umweltbilanz schlechter werden.

Hinzu kommt, dass die Pandemie eines der größten Umweltprobleme weiter geschürt hat: Den Plastikmüll. Was zunächst die Plastiktüte aus dem Supermarkt oder der To-Go-Becher war, ist nun der Mund-Nasen-Schutz. Die Kunstfaserprodukte sammeln sich an den Straßenrändern und landen so in der Natur. Auch wenn die Deutsche Gesellschaft für Abfallwirtschaft Corona-bedingt und auf das ganze Jahr gesehen mit weniger Gewerbeabfällen rechnet, so ist doch das Müllaufkommen in den Privathaushalten seit dem Lockdown extrem angestiegen. Fünf Prozent mehr, das entspricht 2,26 Millionen Tonnen mehr privatem Müll als es 2017 der Fall war. Schuld ist unter anderem der vermehrte Verpackungsmüll. Das Problem dabei: Nur rund 16 Prozent aller Kunststoffe aus deutschen Haushalten werden recycelt.

Die Bundesregierung ist weiterhin bemüht, den Klimaschutz auch nach der Corona-Krise nicht zu vernachlässigen. Aus diesem Grund hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel vergangenen Donnerstag mit den Umweltaktivistinnen Greta Thunberg und Luisa Neubauer getroffen. Über die Gesprächsthemen schweigt das Kanzleramt noch, aber Merkel gab bekannt, sie möchte den Arbeitsstand der EU-Kommission darlegen und das Thema Zertifikatehandel besprechen. Laut Merkel seien die Exporte deutscher Braunkohlekraftwerke ins europäische Ausland durch den Zertifkatepreis zurückgegangen. Die Umweltaktivistinnen hingegen kündigten im britischen „Guardian“ an, Merkel dazu auffordern zu wollen, sich „dem Klimanotfall [zu] stellen“. Europa muss handeln, schließlich sind sie gemeinsam mit dem Vereinigten Königreich für 22 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich.

Um die globale Verschwendung von Ressourcen zu stoppen, soll die Kreislaufwirtschaft als Lösung genutzt werden. Im Prinzip sollen Materialien und Stoffe so oft wie möglich wiederverwendet werden. Damit werden Abfälle vermieden und verbaute Rohstoffe können recycelt werden. Auch das neue Klimaschutzgesetz setzt erstmals verbindliche CO2-Budgets für bestimmte Bereiche fest. „Wir werden jedes Jahr überprüfen, ob wir auf dem beschlossenen Pfad sind und bei Bedarf nachsteuern“, so die Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Aber es reicht nicht nur Regeln und Gesetze für Hersteller zu erlassen. Auch die Verbraucher müssen eingebunden werden. „Man kann nicht immer nur verbieten, sondern muss auch Anreize schaffen, zum Beispiel in Form von einem Pfand“, sagt Thomas Schomerus vom Institut für Nachhaltigkeitssteuerung an der Leuphana Universität Lüneburg. Außerdem sollten die Produkte im Hinblick auf ihre Nachhaltigkeit stärker gelabelt werden, um die Wertschätzung und das Bewusstsein der Verbraucher für die Ressourcen und Materialien zu stärken.