Eine Befragung zeigt, wie viel Geld tatsächlich im Amateurfußball an der Steuer vorbeifließt.
Zum ersten Mal weist eine Befragung auf die Finanzstrukturen im deutschen Amateurfußball hin. Befragt wurden 10.000 Amateurfußballer. Das Ergebnis: Die Schwarzgeld-Struktur zieht sich hinab bis in die Kreisligen. Pro Jahr werden so mehr als eine Milliarde Euro unterhalb der Profiligen bezahlt – die Hälfte davon fließt mutmaßlich an der Steuer vorbei.
Die Spieler und Spielerinnen mussten in einem Fragebogen angeben, in welchen Ligen sie gespielt haben, was sie dort verdient haben und ob der Verdienst schriftlich festgehalten wurde. Zusätzlich mussten sich die Spieler und Spielerinnen zur Art der Bezahlung äußern – kam die Bezahlung bar, per Überweisung oder durch Sachwerte? Die meisten Befragten zeigten sich kooperativ und hinterließen Namen und Kontaktdaten. Andere wiederum beantworteten die Fragen anonym.
Schon in der Bezirksliga kassieren die Amateure
8085 Teilnehmer der Befragung waren männliche Spieler zwischen 18 und 39 Jahren. Von ihnen sollen 60,2 Prozent mindestens einmal für das Spielen Geld bekommen haben. So erhielten Sie einen monatlichen Festbetrag oder Siegprämien.
Sogar in den tieferen Ligen ist es laut der Datenerhebung nicht ungewöhnlich, dass Fußballer und Fußballerinnen Geld verdienen. In der fünften Liga wurden 89,9 Prozent aller Spieler bezahlt. In Liga 6 sind es 76,6 und in der siebten Liga rund die Hälfte. Auch in der Kreisliga sollen immer noch 36,4 Prozent der Spieler für den Einsatz für den Verein entlohnt worden sein.
Eine halbe Milliarde Euro Schwarzgeld pro Jahr
Rechnet man damit, dass alle Amateurfußballer genauso viel Geld bekommen wie die Teilnehmer der bundesweiten Befragung, ergibt die Hochrechnung eine gewaltige Summe. Im Oktober 2020 wurden rund 100 Millionen Euro an Amateurspieler bezahlt. Das wären eine Milliarde Euro im Jahr – angenommen zwei Monate im Jahr finden keine Spiele statt. Geht man davon aus, dass der Anteil der „schwarzen“ Zahlungen so hoch ist, wie die Spieler es in der Befragung angegeben haben, ergibt sich eine Summe von 500 Millionen Euro an mutmaßlichem Schwarzgeld.
Spielerverträge sind eher selten
Sportrechtler Thomas Summerer erstellte zur Befragung ein juristisches Gutachten. Die Befragung werde „ein kleines Erdbeben auslösen, denn wenn es schwarze Kassen gibt, dann ist das per se schon ein Straftatbestand, nämlich Untreue.“ Jene Vereine, die bei Schwarzgeldzahlungen erwischt werden und die Spieler, die das Geld annehmen, könnten massive Probleme bekommen. Einzelne Spieler können wegen Steuerhinterziehung bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe erhalten. Fließt mehr Geld als 250 Euro pro Monat, muss laut DFB-Ordnung ein Amateurvertrag abgeschlossen werden. Obwohl so viel Geld fließt, ist die Zahl der Amateurverträge aber trotzdem noch gering – denn bei einem Vertrag wären Steuern und Sozialabgaben fällig. In der Saison 2020/2021 waren es nur rund 8500 Amateurverträge bei mehr als 700.000 Spielern.
Schein-Job
Aus der Befragung geht hervor, dass ca. 18,2 Prozent der befragten Spieler für das Fußballspielen schon mit Sachwerten und Dienstleistungen entlohnt wurden. Das heißt, die Vereine honorieren den Einsatz beispielsweise mit einer Wohnung oder einem Auto.
Darüber hinaus ist es gängig, dass die Freundin der Fußballer ein Schein-Mini-Job erhält, der zwar bezahlt, aber nicht ausgeführt wird. Genauso funktioniert die Praxis, Spieler als Jugendtrainer zu entlohnen, ohne dass er eine Mannschaft trainiert.
Der Deutsche Fußballbund sieht die Bezahlung in unteren Ligen grundsätzlich kritisch. Für den DFB sind die 21 Landesverbände schlicht und einfach finanziell nicht kontrollierbar. Die internen Vereine sind selbst dazu in der Lage zu entscheiden – die Rahmenbedingungen für die Bezahlungen gibt immer noch der Gesetzgeber.
Lassen Sie ein Kommentar da