Gesetzliche Krankenversicherung: Zusatzbeitrag soll deutlich steigen

Weil der Zusatzbeitrag um 0,3 Prozentpunkte angehoben werden soll, kommt auf die Mitglieder der gesetzlichen Krankenkasse im kommenden Jahr deutlich höhere Ausgaben zu. Trotz der Erhöhung warnen die Krankenkassen, dass ein milliardenschweres Finanzloch droht.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach kündigte vor Kurzem an, dass der Zusatzbeitrag für Mitglieder der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) um 0,3 Prozentpunkte steigen wird.

Der Beitragssatz der Krankenkassen setzt sich aus derzeit 14,6 Prozent des Bruttoeinkommens und einem Zusatzbeitrag zusammen. Diesen Beitrag kann jede Krankenkasse individuell für sich festlegen. Dabei werden die Beitragsteile je zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer bezahlt. Im Durchschnitt liegt der Zusatzbeitrag aktuell bei 1,3 Prozent.

GKV rechnet mit Finanzlücke

Wiederholt warnten die Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV), dass ihnen eine milliardenschwere finanzielle Lücke im kommenden Jahr drohe. Doris Pfeiffer, die Vorstandschefin des GKV-Spitzenverbands rechnet damit, dass den Krankenversicherungen im kommenden Jahr ca. 17 Milliarden Euro fehlen werden. Die Verantwortung sieht sie bei der Politik. Laut ihr sei grundsätzlich eine höhere Regelfinanzierung, statt „unsteten Sonderfinanzierungen“ nötig. Auch um den Zusatzbeitrag noch auf derzeitigem Niveau halten zu können, sollen die Gesetzlichen Krankenkassen vom Bund mit rund 28,5 Milliarden Euro bezuschusst werden.

Gesetz für schnelle Terminvergabe

Genau wie Pfeiffer ist auch der Chef der Techniker Krankenkasse (TK), Jens Baas, der Meinung, dass das sogenannte Terminservicegesetz eine politische Fehlentscheidung war. Im „Spiegel“ kritisierte Baas, dass man sich die Ausgaben von 4 Milliarden Euro für die Regelung „hätte sparen können“.  Mit der politischen Entscheidung sollten gesetzlich Versicherte schneller einen Termin beim Arzt bekommen – letzten Ende habe sich das neue Gesetz bzw. die Terminregelung als „Reinfall“ entpuppt, so Baas: „Es sollte den Versicherten das Gefühl geben: Guck mal, wir haben was gemacht, damit du schneller einen Termin kriegst. Gleichzeitig befriedigt es die Ärzte, weil sie deutlich mehr Geld abrechnen können“, erklärt der Chef von Deutschlands größter Krankenkasse. Der Effekt sei aber nur „überschaubar“.

Lauterbach zufolge sollen durch das Plus beim Zusatzbeitrag bis zu fünf Milliarden Euro eingenommen werden. Zusätzlich soll ein erhöhter Steuerzuschuss in einer Höhe von zwei Milliarden Euro helfen, dass Defizit der Krankenkassen auszugleichen. Darüber hinaus plant der Bund den Kassen ein Darlehen von einer Milliarde Euro zu gewähren. Weiteres Geld soll aus den Rücklagen der Krankenkassen und des Gesundheitsfonds, Abgaben der Pharmaindustrie sowie durch Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen zusammenkommen.

Unter der Prämisse die Schuldenbremse einzuhalten und Steuererhöhungen vermeiden zu wollen, gab der Bundesgesundheitsministern am, lange über die Anhebung des Zusatzbeitrags mit Bundesfinanzminister Lindner diskutiert zu haben. Christian Lindner stimmt Pfeiffer und Lauterbach zu: Die Gründe für das „historische Defizit“ der Gesetzlichen Krankenkassen seien politische Versäumnisse. Allerdings schreibt er diese seinem Vorgänger, Jens Spahn, zu. Der CDU-Politiker habe „teure Leistungsreformen“ gemacht und von Strukturreformen Abstand genommen. Vor diesem Hintergrund sei das Defizit der Pandemiezeit entstanden.

Mehrwertsteuer auf Medikamente soll sinken

Um das von Pfeiffer genannte 17 Milliarden Euro umfassende Minus auszugleichen, seien die geplanten Maßnahmen laut der GKV-Vorstandschefin nicht ausreichend. Um das Defizit auszugleichen, müsse der Zusatzbetrag um 1,1 Prozentpunkte angehoben werden. Rechnerisch sollen 0,1 Punkte beim Beitragssatz Einnahmen von 1,6 Milliarden Euro entsprechen.

Pfeiffer schlägt vor, die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel zu senken, weil es sich um lebenswichtige Produkte handele. Durch die Senkung von den vollen 19 Prozent auf den Steuersatz von sieben Prozent, würde das sechs Milliarden Euro Entlastung bringen. Zudem seien Pfeiffer zufolge die Pauschalen, die der Staat als Kassenbeiträge für Hartz-IV-Empfänger zahle, deutlich zu niedrig.