Impf-Stopp: AstraZeneca vorerst nur noch für über 60-Jährige

Der Zugang zum umstrittenen Impfstoff AstraZeneca wurde in Deutschland erneut beschränkt. Alle Menschen unter 60 sollen die Impfdosen dieses Mittels nicht mehr erhalten, nur noch auf eigenes Risiko. Das wurde in einem Beschluss der Gesundheitsminister*innen des Bundes und der Länder entschieden.

Noch vor wenigen Tagen erklärte die EU-Arzneimittelbehörde, der Impfstoff AstraZeneca sei „sicher und wirksam“. Doch die Fälle von Hirnvenenthrombosen werden immer mehr. Bei 31 Patient*innen kam es bisher zu Blutgerinnseln im Hirn, so das Paul-Ehrlich Institut. Symptome für diese Blutgerinnsel verlaufen sich auf Kopfschmerzen, bis hin zu epileptischen Anfällen oder Sprachstörungen. In 19 von diesen Fällen konnte zusätzlich eine Thrombozytopenie festgestellt werden, also ein Mangel an Blutplättchen. Diese sind für die Blutgerinnung zuständig. Verringern sie sich wird es schwieriger für Wunden zu verheilen und so kommt es zu einer extremen Blutungsneigung. Bei zwei von diesen 31 Fällen handelt es sich um Männer, sonst sind ausschließlich Frauen im Alter von 20 bis 63 Jahren von den Folgen des Impfens betroffen. Im Beschluss heißt es also, dass vorrangig „Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben“ mit dem Mittel gegen das Coronavirus geimpft werden sollen. „Den Ländern steht es frei, bereits jetzt auch die 60 bis 69-Jährigen für diesen Impfstoff mit in ihre Impfkampagne einzubeziehen. Dies gibt die Möglichkeit, diese besonders gefährdete und zahlenmäßig große Altersgruppe angesichts der wachsenden 3. Welle nun schneller zu impfen.“ Menschen unter 60 Jahren dürfen sich auf eigene Entscheidung hin auch mit AstraZeneca impfen lassen, aber nur „nach ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoanalyse“. Ebenfalls muss die Person eine „sorgfältige Aufklärung“ über die Impfung bekommen haben.

Bisher kann laut Tagesschau ein Zusammenhang „zwischen dem Mittel und den schweren Erkrankungen“ nicht bestätigt, aber auch noch nicht ausgeschlossen werden. An der Universität Greifswald wurde der mögliche Zusammenhang genauer untersucht: „Bei allen Patienten mit der Komplikation, die wir bislang untersuchen konnten, haben wir das Gleiche gefunden“, so der Leiter der Transfusionsmedizin Andreas Greinacher. Der Impfstoff AstraZeneca soll demnach dafür gesorgt haben, dass die Blutplättchen abgewehrt werden. Die Stichprobe ist allerdings nur klein und nur von vier Patient*innen mit Thrombose-Folgen konnte das Blut intensiv untersucht werden. Bisher wurde auch wenig erforscht, ob eine zweite nötige Impfung nach der Erstimpfung mit AstraZeneca mit einem anderen Impfstoff möglich ist. Ob junge Menschen, die bereits eine AstraZeneca Dosis erhalten haben, auch noch eine zweite kriegen werden steht bisher auch noch aus. „Es gibt Stimmen, die sagen, eine Mischung wäre sowieso gar nicht so verkehrt, weil jeder Impfstoff eine etwas andere Immunreaktion auslöst und die Wirkung könnte dadurch sogar besser sein, wenn es erst mit dem einen, dann mit dem anderen Impfstoff durchgeführt würde“, so Dirk Heinrich, der Bundesvorsitzende des Virchowbundes und der Leitende des Impfzentrums im Hamburg zum Tagesspiegel.

Doch für die Bundesregierung reichen diese Ergebnisse erst einmal aus, um das Impfen mit AstraZeneca zu stoppen. „Wir müssen dem Impfstoff vertrauen können. Vertrauen entsteht aus dem Wissen, dass jedem Verdacht nachgegangen wird. Dafür stehen Bund und Länder ein“, so Angela Merkel. Auf die Frage hin, ob sie sich auch impfen lassen möchte erklärte sie: „Die Möglichkeit, sich impfen zu lassen, ist für mich näher gerückt.“ Söder, Bayerns Ministerpräsident fordert einen freieren Umgang mit dem Vakzin: „Irgendwann wird man bei AstraZeneca speziell mit sehr viel Freiheit operieren und sagen müssen: Wer will und wer es sich traut quasi, der soll auch die Möglichkeit haben.“ Auch Gesundheitsminister Jens Spahn äußerte sich zu der Impf-Beschränkung: „Es ist ohne Frage ein Rückschlag.“ Dennoch betont er auch, dass die älteren Menschen jetzt schneller geimpft werden können: „Die Älteren in dieser wachsenden dritten Welle zu schützen, ist wichtig.“ Von seinem Versprechen jedem Bürger und jeder Bürgerin bis zum Sommer einen Impftermin anbieten zu können, wich er immer noch nicht zurück.